Emotionale Achtsamkeit

 

Einheit 3:  Emotionale Achtsamkeit

Die Beobachtung der Gedanken ist schon eine sehr gute Übung und Vorbereitung, um sich der Emotionen bewusst zu werden. Alle Beziehungen zu unserem Umfeld werden Großteils unbewusst von den Emotionen gesteuert. Die Interaktionen mit der Außenwelt speichern sich aufgrund der entsprechenden Erfahrungen in Form von Gefühlen und Emotionen in unserem Körper. Dadurch ist es möglich, sehr schnell zu reagieren und so, beispielsweise gefährliche Situationen sicher zu meistern. Solche Reflexe geschehen unbewusst und automatisch. Oft werden sie und gar nicht bewusst oder aber auch erst später, wenn es dann vielleicht zu unangenehmen Reaktionen kommt. Möglicherweise bei Furcht, Ärger, Unsicherheit und vieles mehr, sowohl aber auch bei angenehmen Dingen, in Form von Freude, Spaß, Liebe, etc. Werden wir uns der Emotion bewusst, versuchen wir im Normalfall, sie auszuagieren. Haben wir zu Beispiel mit jemandem Ärger, gehen wir auf Konfrontation, wenn wir uns stark genug fühlen, im anderen Fall unterdrücken wir den Ärger, weil es uns kurzfristig, als bessere Lösung erscheint. Leider erwächst aus der Unterdrückung ein stetig zunehmendes Problem in der Zukunft. Die unterdrückten Emotionen sammeln sich, und können dann irgendwann, selbst durch einen kleinen Auslöser, zu einem unkontrollierbaren Ausbruch führen. Oft auch verspüren wir scheinbar unvermittelt Gefühle, entweder angenehmer oder auch unangenehmer Natur, aber sie stören die Situation oder Konzentration, weil sie gerade nicht passen. Jeder kennt sogenannte De ja-vus, auch das sind vergrabene Emotionen, welche durch einen für uns unbewussten Auslöser zum Vorschein kommen. Auch eine emotional getätigte Konfrontation kann oftmals entgleisen, und mehr Schaden anrichten, als zu einer sinnvollen Lösung zu führen.

Jedenfalls übernimmt die Emotion den Ablauf der darauf folgenden Handlungen, ungeachtet der wirklichen, notwendigen, existentiellen Anforderungen.

Emotionen sind komplexer und mächtiger als Gedanken. Sie sind eher vergleichbar mit Güterzügen, die manchmal sehr laut und stark vorbeirauschen, oder manchmal unüberschaubar lange sind, bis sie endlich vorüber sind.

Erst durch das bewusste Beobachten der aufkeimenden Emotion, sind wir in der Lage zu differenzieren, zwischen Reflex, oder achtsam das Gebot des anstehenden Momentes zu erfassen, und gelassen, willentlich die erforderlichen, lösungsorientierten Handlungen zu setzen. Die einzige Möglichkeit dieses befreite Bewusstsein zu erlangen, besteht in der achtsamen Selbstbeobachtung, um zu lernen, wie wir unter dem Einfluss der jeweiligen Emotion agieren, reagieren, wie wir funktionieren. Die Schwierigkeit dabei ist, sich nicht mit seinen Emotionen zu identifizieren. Wenn beispielsweise Wut auftaucht, werde nicht zur Wut, beobachte wie die Wut kommt und wieder verschwindet, sie ist nicht unser Zug, wir steigen nicht ein, er fährt vorüber, bis sich selbst die letzten Geräusche in der Ferne auflösen.

Dieses Wissen erlaubt uns bei fleißiger Übung, dann schon bei herannahen des Zuges, noch bevor er voll mit uns abfährt, nicht einzusteigen, sondern gelassen die anstehende Situation zu begreifen, und aus dem befreiten Bewusstseinsstrom heraus die existenziellen Möglichkeiten zu sehen.

Wir bewegen uns beim Yogalauf nicht in geschützten Bereichen, oder geschlossenen Räumen, sondern im freien Lebensraum, in der Natur, die für alle ungehindert zugänglich ist. Aus diesem Grund bieten sich zahlreiche Möglichkeiten für die Achtsamkeitsübungen mithilfe der Selbstbeobachtung. Vielleicht fährt mal ein Radfahrer zu knapp, zu schnell, oder beides, an unserem persönlichen Sicherheitsbereich vorbei. Es könnte eine rasche überfleißige Regenwolke, kurzfristig eine kalte Dusche servieren. Ein Hund könnte mit lautem Gebell auf uns zustürmen. Möglicherweise brennt die Sonne viel heißer als vorhergesagt, ein scharfer Wind könnte uns überfallen, oder reizenden Geruch, Staub, oder andere Substanzen mit sich bringen. Alle von außen kommenden Situationen, stimulieren sofort unsere emotionale Befindlichkeit, je nach Neigung oder Abneigung. Es findet eine spontane Blockade des Bewusstseins, durch Bewertung der Situation in gut oder schlecht, statt. Beispielsweise könnte ein bellender Hund, bei jemandem Angstgefühle erwecken, bei einem Anderen jedoch Zuneigung, weil gerade dieser Hund ihn an seinen eigenen Hund erinnert. Wir bemerken nun sofort, es ist unmöglich hier allgemeingültige Verhaltensweisen heranzuziehen. Jeder Einzelne ist nun für sich in der Lage, weil er sich seiner emotionalen Befangenheit bewusst wird, aufmerksam zu schauen, welche situationsbedingte, jetzt diesem Moment dienliche Verhaltensweise angebracht wäre. Dieser Ablauf ist natürlich bei allen unterschiedlichsten Vorkommnissen anwendbar, sollte aber eben nicht reflexartig, emotional geschehen, sondern dem befreiten Bewusstsein entspringen.

Nach einiger Zeit der Übung, werden wir bemerken, dass es öfter auch bei gleichen oder ähnlichen Situationen, zu sehr unterschiedlichen Sichtweisen, und verschiedenen neuen Lösungsansätzen kommen kann. Der Grund dafür liegt in der klaren, reinen Schau auf die Dinge, ohne bedingte emotionale Voreingenommenheit, welche uns ein volles kreatives Spektrum an anderen, neuen, vorher nicht sichtbar und greifbaren Möglichkeiten eröffnet. In diesem entspannten, gelassenen Zustand können nun alle ihren persönlichen Freiraum finden, der es ermöglicht, experimentell, durch Beobachten und Lernen, Stück für Stück das innere Wesen zu entdecken.

Zahlreiche Hindernisse am Weg zu mir liegen in der Natur der Emotionen. Da sie uns von klein auf schon begleiten, sich im Laufe des Lebens verstärken und festigen. Sie prägen unser Ego, und stellen demzufolge als Teil von uns selbst, die eigenen Handlungsweisen kaum infrage. Alles im Leben, der ganze komplexe Prozess des Daseins, ist eine Abfolge aus Ursache und Wirkung. Demzufolge ist es für uns sehr oft nur möglich, aus der Wahrnehmung der Wirkung auf Andere, unser Tun als Ursache dafür zu begreifen. Im Alltag bedeutet das genauso eine achtsame Selbstbeobachtung, aber in Form von peniblen Selbstreflektionen, weil es uns nur dadurch möglich wird, auf schon vergangene emotionale Handlungsweisen von uns selbst zu schließen. Wenn wir jedoch beginnen, unser Bewusstsein in diese Richtung zu lenken, geschieht eine Veränderung der Wahrnehmung. Diese neue Sicht ermöglicht ein früheres, bewusstes Wahrnehmen von Emotionen. Gerade in der heutigen Zeit zielen nicht nur die Marketingmethoden direkt in unsere Gefühle, das oder jenes haben zu müssen! In einem befreiten Bewusstseinsstrom können wir dann sehr wohl abwägen, ob dieses Haben müssen wirklich unserem Wesen entspricht, oder nur von außen in uns eingepflanzt wird. In Wahrheit finden wir nachhaltiges, erfülltes Wohlempfinden nur in einer freien, selbstbestimmten Lebensweise, die unserem inneren Wesen entspringt, und nicht in der Erfüllung der von außen angestrebten Verführungen.

Meditative Entspannung