Meditative Entspannung

Einheit 4: Meditative Entspannung

Die meditative Entspannung ist im Prinzip eine automatische Folge der Praxis in den vorangegangenen Übungen. Aber gerade für Yoga-Einsteiger könnte das mitunter jahrelanges üben, beobachten, selektieren der eigenen Neigungen und Abneigungen bedeuten, um den besten Weg zur Tiefenentspannung zu finden. Es gibt jedoch viele Meditationstechniken, welche sehr hilfreich sind, hier einen einfacheren Weg zu finden. Bei vielen Methoden beginnt man mit der Wahrnehmung des Atems. Diese Möglichkeit bietet nun für uns einen wunderbaren Einstieg in die Erfahrung mit der Meditation. Vor allem bewegen wir uns direkt in der freien Natur, und genießen dadurch den großen Vorteil einer sehr vitalen, energetisch angereicherten Luft, gegenüber vielleicht in begrenzten Räumen.

Wir atmen durch die Nase ein, und lassen in der Folge den Atem durch den Mund ausströmen. Das Einatmen erfolgt aktiv, wogegen wir beim Ausatmen eher entspannen, und den Atem mehr oder weniger als von selbst durch den Mund ausfließen lassen. Beim Einatmen konzentrieren wir uns zuerst auf die Bauchwölbung, und versuchen in der ersten Phase des Einatmens die Bauchdecke nach vorne zu bringen, dadurch zieht das Zwerchfell nach unten, vergrößert damit das Lungenvolumen und leitet das Einatmen ein. In der zweiten Phase des Einatmens ziehen wir aktiv, bei nach vorne gewölbten Bauch, die Luft in den Brustkorb, dieser hebt sich und schließt damit die volle Einatmung ab. Das Ausatmen erfolgt ohne energetischen Aufwand, dazu öffnen wir leicht den Mund, entspannen die Atemmuskulatur, der Bauch zieht wieder zurück in die Ausgangslage, und der Brustkorb senkt sich leicht, die Luft strömt aus. Der Atemrhythmus stellt sich je nach Anforderung des Energieaufwandes ganz von selbst ein, sowie auch die Atemtechnik nach einiger Übung keine weitere Aufmerksamkeit mehr bedarf, da die grundsätzliche Steuerung autonom durch unser vegetatives Nervensystem erfolgt.

Die volle Aufmerksamkeit erfordert jedoch die bewusste Beobachtung des kompletten Atemvorganges. Die aufgenommene Atemluft dient als Transportmittel für das sogenannte Prana, die Lebensenergie. Bei jedem Atemzug füllen wir damit, die uns zum Leben zur Verfügung stehende Energie, in alle Zellen unseres Körpers. Genieße bei jedem Atemzug die Vorstellung, wie wir unsere „Batterien“ wieder voll aufladen, und nicht bloß nur Luft einatmen. Spüre beim Ausatmen, wie sich das bei der Einatmung aufgenommene Prana, die volle Lebensenergie, gleichmäßig in allen Zellen verteilt, bis in die tiefsten Zehenspitzen und Haarenden, es sorgt dadurch für die totale Harmonisierung, sowie Entspannung des ganzen Körpers. Die nicht mehr benötigten Bestandteile der Atemluft strömen durch den Mund aus. Wenn sich während des Laufes eventuelle Verspannungen bemerkbar machen, vielleicht im Schulterbereich, oder speziell im Lendenbereich, können wir diese entspannende Wirkung bewusst in diese Bereiche lenken.

Die Beobachtung des Atems ist aber nicht Meditation. Bitte nicht zu verwechseln, sie ist eine Möglichkeit von vielen, eine Technik, eine Methode, welche als Transportmittel oder Brücke zur Meditation verwendet wird. Durch das bewusste achtsame Fühlen des Atems, entziehen wir dem Kopf immer mehr Grundlage und Energie für seine dominante Vormachtstellung, in Form unserer konditionierten, bedingten Gedankenwelt, die uns nicht zur Ruhe kommen lässt, und das Hindernis für eine meditative Entspannung darstellt. Die wichtigste Voraussetzung zur Meditation ist eine gelassene, ohne Stress oder Kampfstimmung geführte Situation im Umgang mit unserer inneren und äußeren Welt. Wir schauen einfach nur zu, ohne Bewertung, ohne Urteil, aber voll bewusst und aufmerksam ohne Zutun. Es ist vielmehr so, dass wir die bedingte Gedankenwelt durch achtsames Fühlen, Spüren, Wahrnehmen, ersetzten. Meditation ist ein Gefühl, welches keine Zielsetzung bedingt. Verfolge keine Absicht, sei nicht auf Erfolg aus, Erfolgsstreben kommt aus der Egozentrik, dem größten Hindernis zur Meditation. Im meditativen Zustand ist unwichtig, was geschieht, im Vordergrund steht, was wir fühlen, empfinden, losgelöst von unseren bedingten Gedanken und Emotionen. Durch das bewusste Beobachten und Spüren, verlassen wir unsere alten Verhaltensmuster, Körper und Geist ziehen in eine Richtung, sie ordnen sich und werden friedlich. Der innere Friede stellt den Einklang her, Körper und Geist erschöpfen sich nicht in gegenseitiger Kontrolle, sondern entspannen sich in gemeinsamer Harmonie.

Durch diese Übungen begreifen wir, dass unser Bewusstsein völlig von der geistigen Gedankenwelt getrennt ist, jedoch lässt der Kopf diese Tatsache nicht aufkeimen. Wir haben gelernt, uns völlig nach unseren bedingten Gedanken und Emotionen auszurichten, und den Kopf als Herrscher über unser Leben anzuerkennen, es ist die totale Unterwerfung, ohne Möglichkeit des Entkommens. Die neue Schau auf die Welt durch die Praxis des Yoga, und die damit verbundene Sichtweise, ermöglicht uns zu erkennen, dass das Bewusstsein unabhängig des Kopfes existiert. Es ist sogar möglich, das Bewusstsein aus unserem Körper herauszulösen, und uns selbst zu beobachten.

Auch das ist eine gute Methode, um in den Zustand der meditativen Entspannung zu gelangen. Dazu stellen wir uns einfach vor, neben, oder über, oder vielleicht hinter unserem Körper zu beobachten wie wir Laufen. Je nachdem, was uns zu Beginn leichter fällt, sowie auch entweder aus näherer, oder größerer Entfernung zuzusehen. Es ist so, wie wenn wir unsere Gedanken oder Emotionen beobachten, ohne uns damit zu identifizieren. Es fühlt sich wunderbar an, der Körper läuft, das Bewusstsein beobachtet ihn, wir fühlen uns völlig frei, solange das Bewusstsein keinen Anlass findet, ist der Kopf abgeschaltet, wir brauchen ihn nicht, ein glückseliges Gefühl. Natürlich klappt das anfänglich nur kurze Momente, der Kopf ist noch stark und bringt sich immer wieder ins Spiel. Entweder tauchen irgendwelche Überlegungen oder Gefühle auf, schon ist er wieder da. Nun haben wir aber schon gelernt, hier nicht anzuknüpfen, sondern ohne Zutun, nur zuzusehen, was passiert. Bei plötzlich aufflammenden Gedankenabläufen kann es sehr hilfreich sein, das Bewusstsein auf die momentanen körperlichen Abläufe und Eindrücke zu lenken, spüren, wahrnehmen, wie sich der Körper zurzeit anfühlt. Wenn der Kopf bemerkt, man braucht ihn nicht, wird er schwächer, und irgendwann sind wir in der Lage, den Kopf nur einzuschalten, wenn es das befreite Bewusstsein für nötig erachtet.

Auch der freie Bewusstseinsstrom ist in der Lage, zwischendurch die Haltung und die Bewegung des Körpers wahrzunehmen, und gegebenenfalls den Anforderungen anzupassen. Der Unterschied zum bedingten Bewusstseinsstrom besteht darin, dass das freie Bewusstsein bestrebt ist, die Voraussetzungen für die meditative Entspannung zu schaffen, und nicht versucht, schneller ein Ergebnis zu fordern, ein besseres Ergebnis zu erwirken, oder eben anderen Leistungen und Erfolgen nachzujagen. Diese sind dann das Geschenk unserer Existenz, wenn wir gelassen, mit Freude und ohne zu Bewerten, die Übungen praktizieren.

Eine wunderbare Möglichkeit wäre auch, sich als strahlendes, laufendes Licht vorzustellen. Eine magische Kerze leuchtet in unserem Herzen. Die Strahlen des Kerzenscheines haben die Fähigkeit, aus dem Körper auszutreten, und sich zu verstärken. Entweder zu einer großen Lichtsäule, oder eine riesige Lichtkugel. Unser Bewusstsein kann sich mit den Strahlen ausdehnen, und sogar den letzten Winkel des Universums erleuchten. Auch in dieser Vorstellung kann unser Bewusstsein wiederum der Beobachter sein, und ganz einfach das tolle befreite Gefühl der harmonischen Entspannung wahrnehmen.

Es gibt sehr viele Methoden und Techniken, um Meditation zu praktizieren, und am Weg des Yoga weiter zu wandeln. Die höchste mögliche Erfahrung wäre dann Samadhi, die totale Verschmelzung unseres Bewusstseins mit der universellen Harmonie, und totale Auflösung unserer Ich – Identifikation. Dieser Weg wird in weiterführenden Übungen behandelt.

Leitfaden